Das Limbische System

Das Limbische System, erstmalig vom französischen Arzt Paul Broca im 19. Jhdt. beschrieben, umfasst verschiedene Strukturen des Gehirns, dabei je nach Autor und Sichtweise umfassender oder eingegrenzter. Es hat kortikale und subkortikale Anteile und besteht in einer engeren Definition aus Amygdala, Hippokampus und Gyrus cinguli, in einer umfassenderen zusätzlich noch aus Teilen von Thalamus, Hypothalamus und Kortex. Wie ein Saum (lat. limbus) umgibt es den Hirnstamm und stellt die Verbindung zwischen Vegetativem Nervensystem und Großhirn dar. Es ist Ursprungsort von Trieben, Emotionen und Motivationen. Neben der Steuerung von angeborenem und erworbenem Verhalten sowie emotionalem Ausdruck (v. a. Angst, Aggression, Sexualität) ist es wesentlich an Denk- und Lernprozessen und der Abspeicherung von Gedächtnisinhalten beteiligt. Einige seine Strukturen sollen im Folgenden genauer beschrieben werden.

Die Amygdala (dt. Mandelkern) besetzt Situationen emotional und speichert diese Verbindung. Dabei werden insbesondere aversive Erfahrungen (Schmerz, Leid, Gefahr) festgehalten, und dies mit einer Tendenz zur Verallgemeinerung und schnellen Auslösung durch ähnliche Situationen (sog. Trigger), in denen dann heftige Reaktionen auftreten können (Panik, körperlich-vegetative Symptome). Cortisol verstärkt diesen Effekt. Eine bewusste Erinnerung an die auslösende Situation muss nicht vorliegen, weshalb im Bezug auf die Amygdala auch vom Körpergedächtnis gesprochen wird. Sie spielt eine bedeutende Rolle bei Angst- und Panikstörungen sowie der Posttraumatischen Belastungsstörung, bei den Betroffenen besteht häufig eine Hypertrophie (Vergrößerung) der Amygdala. Aufgrund ihrer Lernfähigkeit können Trigger aber z. B. im Rahmen einer Psychotherapie neu besetzt werden, sodass die Übertragung heftiger Gefühlsreaktionen auf immer wieder neue Situationen eingedämmt werden kann.

Der Hippokampus, von dem es je einen pro Hemisphäre gibt, ähnelt in seiner Form einem Seepferdchen (lat. hippocampus = Seepferdchen). Er verarbeitet Informationen der Sinnesorgane, die er an das Großhirn weiterleitet und so Gedächtnisinhalte vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis überführt; von daher wird er auch als Tor zum Gedächtnis bezeichnet. Eine neuere Studie konnte zeigen, dass er auch am Lösen von Handlungskonflikten maßgeblich beteiligt ist. Darüber hinaus ist er sehr stressanfällig; Menschen mit Depressionen oder schweren Traumata weisen häufig eine Volumenreduktion des Hippokampus‘ auf. Cortisol trägt durch seine Wirkung auf den Hippokampus zur Entstehung von Merkfähigkeits- und Gedächtnisstörungen bei.

Der Gyrus cinguli, auch Cingulum (lat. Gürtel), ist ein innenliegender Teil des Großhirns, der wie ein Gürtel dem die beiden Hirnhälften verbindenden Balken aufliegt. Mit seinem vorderen Teil ist er für Entscheidungen, Handlungssteuerung und Risikoprognose sowie Problemlösung und Fehler-/Konfliktwahrnehmung zuständig, mit seinem hinteren Teil für Selbstreflexion, Mentalisierung und Sprache sowie Aversion und Schmerz. Aufmerksamkeitssteuerung und Affektregulation sowie der Abgleich von Erwartung und Realität gehören auch zu seinen Funktionen. Auch ist er am räumlichen Gedächtnis sowie der Affektmotorik beteiligt. Bei Depressionen und der Posttraumatischen Belastungsstörung lässt sich in ihm eine veränderte Aktivität nachweisen.