Aktuell sind vier Psychotherapieverfahren zur Abrechnung über die Krankenkassen gemäß Psychotherapierichtlinie zugelassen: die aus der Psychoanalyse abgeleiteten Verfahren Analytische Psychotherapie (AP) und Tiefenpsychologische fundierte Psychotherapie (TP), zusammengefasst als Psychodynamische Psychotherapie (PP), die Verhaltenstherapie (VT) und ab 01.07.2020 die Systemische Therapie (ST). Über die Zulassung eines Psychotherapieverfahrens entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der im Vorfeld dessen Wirksamkeit begutachten lässt, und zwar hauptsächlich vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie.
Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie zur Psychodynamischen Psychotherapie
Zur Psychodynamischen Psychotherapie schreibt der WB Psychotherapie (Quelle; wiedergegeben in Auszügen):
- Definition: „Die Behandlungsprinzipien der PP bestehen in einer Bearbeitung lebensgeschichtlich begründeter unbewusster Konflikte und krankheitswertiger psychischer Störungen in einer therapeutischen Beziehung unter besonderer Berücksichtigung von Übertragung, Gegenübertragung und Widerstand. Dabei wird je nach Verfahren stärker im Hier und Jetzt oder im Dort und Damals gearbeitet, die Stundeninhalte sind je nach Verfahren strukturierter (Technik: Fokussierung) oder unstrukturierter (Technik: freie Assoziation) und der Therapeut greift jeweils auf eine stärker aktive oder eher zurückhaltendere Interventionstechnik zurück.“
- Beschreibung des Verfahrens: „Bei der PP handelt es sich um ein Verfahren, bei dem verschiedene Methoden und Techniken mit einem gemeinsamen störungs- und behandlungstheoretischen Hintergrund in verschiedenen Settings zur Anwendung gelangen. […] PP kommt im ambulanten und stationären Setting bei Einzelpersonen, Paaren, Familien und Gruppen zur Anwendung.“
- Indikation: „Die PP findet im gesamten Spektrum psychischer und psychosomatischer Störungen Anwendung, d.h. in allen 12 vom Wissenschaftlichen Beirat unterschiedenen Anwendungsbereichen. Nicht in jedem Fall ist das Behandlungsziel eine ursächliche Behebung der Störung. […]“
- Versorgungsrelevanz: „PP ist seit 1967 eine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen und somit seit Jahrzehnten ein wesentlicher Bestandteil der Versorgung psychisch Kranker. Die Versorgungsleistungen finden sowohl ambulant als auch stationär bzw. teilstationär statt. Im ambulanten Bereich werden zwischen 50 und 65 Prozent aller Behandlungen in diesem Verfahren durchgeführt; im stationären Bereich dürfte der Anteil ähnlich hoch sein.“
- „Der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie stellt zusammenfassend fest, dass die Psychodynamische Psychotherapie bei Erwachsenen für Behandlungen in folgenden Anwendungsbereichen als wissenschaftlich anerkannt gelten kann: Affektive Störungen, Angststörungen, Belastungsstörungen, Dissoziative, Konversions- und somatoforme Störungen, Essstörungen, Psychische und soziale Faktoren bei somatischen Krankheiten, Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensstörungen, Abhängigkeit und Missbrauch sowie Schizophrenie und wahnhafte Störungen.“
Studienlage zur Psychodynamischen Psychotherapie
In seinem lesenswerten Artikel „Die Wirksamkeit psychodynamischer Psychotherapie“ hat Jonathan Shedler die Wirksamkeit verschiedener Therapieverfahren tabellarisch zusammengefasst:
Ulrich Schulz-Venrath hat in einer späteren Zusammenfassung noch die Wirksamkeit Psychodynamischer Gruppenpsychotherapie ergänzt:
Aus den aufgeführten Darstellungen geht die Wirksamkeit der Psychodynamischen Psychotherapie deutlich hervor.
Immer wieder wird – strategisch und berufspolitisch gewollt? – behauptet, die Studienlage zur Psychodynamischen Psychotherapie sei unzureichend. Ergänzend zu den o. g. Zusammenfassungen sei hier noch ein Artikel verlinkt, der auf 40 Seiten eine Vielfalt verschiedener Erhebungen zur PP resümiert – viel Spaß beim Durchblättern: (externer Link). Hier findet sich außerdem noch eine tabellarische Zusammenfassung von 269 RCT-Studien zu psychodynamischen Behandlungen und Interventionen: (externer Link).
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